Presseschau 7.2.17
Eine der größten Errungenschaften für ein positives Verhältnis zwischen Polizei und Fußballfans war die Durchsetzung der Kennzeichnungspflicht für Polizisten im Einsatz. Von diesem Mittel zur Identifizierung versprach man sich eine bessere Transparenz in der Polizeiarbeit, bessere Möglichkeiten zur Schlichtung bei Streitfällen, eine Verbesserung der Außenwirkung der Polizei und Annäherung zwischen Fans und Polizei. Dies möchte die Schwarz-Gelbe Landesregierung NRW nun rückgängig machen.
Die Zeit: Schwarz-Gelb will Kennzeichnungspflicht für Polizei beenden
„“Für die Kennzeichnungsnummern gibt es keine Notwendigkeit und keine sachlichen Gründe.“ Die Polizisten bräuchten Rückhalt und keine „Stigmatisierung“.“
__________________________________________________
Der Beschluss des Bundestages zu den Überwachungsmöglichkeiten bei Messenger-Diensten wurde in den Medien ausreichend breit dargestellt. Das in selben Zuge jedoch auch die Freiheiten im Umgang mit Zeugenvorladungen geändert wurden, kam weniger zur Sprache. Diesem Thema widmet sich das Rechtshilfekollektiv Chemie Leipzig.
Rechtshilfekollektiv Chemie Leipzig: Einer geht noch…
„In unnachahmlicher Dreistigkeit hat der Bundestag mal ebenso den massiven Abbau von Grundrechten beschlossen und im gleichen Atemzug wird über die Zunahme staatlicher Überwachung entschieden, als ob man in der Kantine darüber entscheidet, den Nachschlag zu nehmen oder halt nicht.“
__________________________________________________
Anwerbeversuche durch die Polizei oder gar den Verfassungsschutz innerhalb deutscher Fanszenen, Beispiele etwa aus Köpenick und Magdeburg wurde bereits vorgestellt, sind leider mittlerweile traurige Wahrheit. Einen weiteren Fall soll es in der Fanszene von Eintracht Braunschweig gegeben haben. Die Blau-Gelbe-Hilfe äußert sich auf ihrer Seite zu dem Fall.
Blau-Gelbe-Hilfe Braunschweig: Anwerbungsversuch auch in Braunschweig
„Im Gegenzug für Informationen, wurde von den Beamten „ein positiver Verlauf“ zu einem gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren versprochen. “
__________________________________________________
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Einstufung von „All Cops Are Bastards“ als nicht beleidigend für den Einzelnen konnten wir bereits vor geraumer Zeit vermelden. Dass das Äußern von Meinungen und Urteilen auf Plakaten vom DFB seit längerem kritisch gesehen wird, ist ebenfalls weitläufig bekannt. Der FC Heidenheim hat nun Stadionverbotsverfahren gegen insgesamt 17 Personen auf Grund eines „ACAB“-Plakats eingeleitet.
Heidenheimer Zeitung: FCH leitet wegen beleidigendem Plakat Stadionverbots-Verfahren ein
„Ein Teil der organisierten Fanszene betont, dass es sich dabei um Meinungsfreiheit handle, was Holger Sanwald allerdings nicht akzeptiert. Der FCH-Vorstandsvorsitzende kennt dabei durchaus ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016, in dem festgestellt wurde, dass derjenige, der sich negativ über die Polizei äußert, sich nicht automatisch strafbar macht. „Das ist hier aber gar nicht das Thema“, betont Sanwald.“
__________________________________________________
Durch die Geschehnisse im Spiel Stuttgart gegen Karlsruhe sieht sich Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl berufen einen Sicherheits-Gipfel mit Fans, Vereinen, dem DFB, der DFL und der Polizei auszurufen. Diesem Gipfel stehen verschiedene Faninitiativen kritische gegenüber.
SWR: Fans kritisieren Strobls Sicherheitsgipfel
„Vertreter von Fan-Organisationen kritisierten den Gipfel und verweigern die Teilnahme daran. „Wir nehmen nicht teil. Für uns ist das eine Alibi-Veranstaltung“, sagte Rainer Vollmer von der bundesweit organisierten Interessengemeinschaft „Unsere Kurve“ – die aber vom Ministerium gar nicht eingeladen worden war – anders als Vertreter von Fan-Projekten in Karlsruhe, Sinsheim/Hoffenheim und Freiburg. „Dieser Gipfel soll nur Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit erzeugen.““
Esslinger Zeitung: Fans lehnen Einladung zum Fußball-Gipfel ab: „Alibi-Veranstaltung“
„Vollmer dagegen plädiert dafür, die Dinge erst mal in kleineren Runden zu diskutieren, anstatt auf einem extra einberufenen Gipfel drastische Maßnahmen zu beschließen.“
Einen Kommentar im Vorfeld des Sicherheitsgipfels konnte man im Südkurier lesen. Darin wird dargestellt, dass sich die Anzahl der eingesetzten Beamten und die Gesamtzahl der Einsatzstunden rückläufig ist. Auch die Gewalt beim Fußball sei wahrnehmbar zurückgegangen. Zentral geht es wohl eher um die Verteilung der trotzdem hohen Kosten für die Polizeieinsätze.
Südkurier: Wie man Fußball von Gewalt trennt – Überlegungen vor dem Sicherheitsgipfel
„Das heikle Thema Ersatz der Polizeikosten hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann aufgebracht. Im Interview mit dieser Zeitung hatte der Grünen-Regierungschef die Linie vorgegeben: „Die Debatte hatten wir schon einmal vor ein paar Jahren, aber ich sehe, dass wir uns jetzt neu damit befassen müssen.““
__________________________________________________
Für mehr „Sicherheit“ im Stadion hat sich auch die SPD Baden-Württemberg ausgesprochen und einen Maßnahmenkatalog zu deren Erreichung aufgestellt. Faszination Fankurve hat sich damit bereits auseinandergesetzt und für euch zusammengefasst.
Faszination Fankurve: Diese Maßnahmen plant die SPD gegen Fußballfans
“ Darin wird ebenfalls gefordert, dass Meldeauflage gegen Fußballfans als Standardmaßnahme in das Polizeigesetz aufgenommen werden. Auch die Beteiligung von Bundesliga-Vereinen bzw. der DFL an den Polizeikosten bei Hochrisikospielen soll nach Wunsch der baden-württembergischen SPD umgesetzt werden, wie das Land Bremen es aktuell versucht.“
__________________________________________________
Die Katastrophe von Hillsborough 1989 kostete 96 Fußballfans ihr leben. Die Schuld an der Katastrophe wurde lange Zeit den Fans und ihrem Verhalten zugewiesen. Dieser Denkweise wurde erst in den vergangenen Jahren eine Gegendarstellung entgegengesetzt. Nach nunmehr 28 Jahren erhebt die Staatsanwaltschaft nun Anklage gegen sechs Personen, darunter vier Polizisten.
Die Zeit:Anklagen gegen sechs Personen nach Hillsborough-Katastrophe von 1989 – Vier Polizisten betroffen
„Im vergangenen Jahr hatte ein britisches Gericht entschieden, dass es sich bei der Tragödie um die Folge von Fehlentscheidungen der Polizei gehandelt hatte.“